Julian: „Ein augenöffnendes Erlebnis.“
Am Donnerstag war es endlich soweit und ich habe Freunden und Bekannten (Sechs Leute inklusive mir) beim monatlichen Zusammenkommen in der Marketingagentur den mir zum Test zur Verfügung gestellten Marx Gin präsentiert. Zur geschmacklichen Gegenprobe konnten leider nur ein Henderson und ein Tanqueray antreten, was vermutlich für Kenner von vornherein ein etwas ungleiches Duell darstellt zwischen einem Manufakturs-Premium-Gin und weltweit vertriebener Massenware. (Preis des Hendersons 13€ und der des Tanquerays 18€) Ein Monkeys oder Hendricks war leider doch nicht mehr vorrätig. Umso deutlicher waren aber die geschmacklichen und qualitativen Unterschiede zu denen ich gleich kommen werde.
Rein optisch wurde das Design des Marx Gins sehr angenehm natürlich empfunden. Die Flaschenform und der Holzkorken konnten Punkten, sowie die Gestaltung des Etiketts insgesamt auch, wobei hierüber diskutiert wurde, ob nicht etwas zu viel unbedruckter Freiraum auf dem Frontetikett sein könnte und ob es nicht besser aussehen würde den Karl-Marx-Kopf etwas größer abzudrucken, sodass Stirn und Bart jeweils von der Schrift etwas überdeckt wären, sodass nicht mehr eine getrennt-isolierende Aufteilung der Elemente herrschen würde und der unbedruckte Freiraum auf dem (hochwertig-natürlichem!) Papier geringer werden würde, sodass mehr Präsenz und Prägnanz durch das Etikett entstehen würde. Insgesamt sollte das Marketing bei einer Bewertung natürlich immer eine geringe Rolle spielen im Vergleich zum Produkt an sich, dem Gin, dem Flascheninhalt, jedoch wollte ich die Meinungen auch nicht vorenthalten, da einige Mediengestalter anwesend waren und daher natürlich auch über die optische Gestaltung diskutiert wurde. Dass Kaufentscheidungen von vielen Unbewussten stark auf Basis von Image und Marketing gefällt werden, finde ich persönlich auch eher eine bedauernswerte Konsumentenhaltung, aber der Trend geht heutzutage bei jungen Leuten auch in Mainstream-Kreisen bewusst zurück zur Konzentration auf das wesentliche, dem Produkt an sich und nicht hauptsächlich der Verpackung. Die Marketing-Komponenten des Marx-Gins kamen aber auf alle Fälle sehr gut an. Sowohl kam Interesse auf wegen dem abgedruckten Namensvetter Marx, als auch wegen der Bezeichnung "BayernDry" statt London Dry, was besonders gut und originell ankam.
Nun zum Geschmack: Es wurde pur verköstigt und in einer Variante mit Tonic Water, Eis und Gurkenstücken im Glas. Der Marx Gin offenbart pur einen ganz fantastischen und angenehmen Geruch. Er riecht erfrischend dezent nach Citrus-Noten, neben dem klassischen leichten Wacholder-Geruch. Der Alkoholgehalt fällt geruchstechnisch so gut wie nicht auf, sehr angenehm! Die Konkurrenten im Test wiesen dagegen einen geringeren spezifischen Geruch auf und rochen nur leicht bis gar nicht citrisch, sondern rein wacholdrisch und etwas alkoholischer, obwohl alle Gins im Test 40% Alkoholgehalt besaßen. Beim Geschmack offenbarten sich dann letztendlich die prägnanten Qualitätsunterschiede. Der Marx Gin schmeckt ganz fantastisch angenehm und sanft und bietet hier ebenfalls die wohlschmeckende Citrus-Note. Die anderen beiden Gins dagegen brannten und bissen unangenehm, sind pur eigentlich nur schwer genießbar, was ich und meine Bekannten (zw. 22 und 25) meistens gar nicht anders gewöhnt sind von Spirituosen aus dem niederen Preissegment. Der Unterschied war wie Tag und Nacht. Der Marx Gin fühlte sich nach einem Schluck von den günstigen Konkurrenten an, als würde man einen Schluck Wasser trinken von der Sanftheit her. Kein Brennen, kein Beißen! Selbst die, die Spirituosen generell und auch die anderen beiden Gins kaum pur genießen können/konnten, wollten ganz überrascht einen weiteren Schluck vom sanften wohlschmeckenden Marx probieren. Diesen konnten alle richtig genießen, und damit einhergehend auch das Gin-Tasting, weil nun mal bei jedem Schluck der beißende Geschmack und Geruch wegfiel und damit einhergehend das anspannende Gesichtsverziehen wie bei den anderen Gins. Mit Tonic Water verläuft sich natürlich der Anspruch an das Rohmaterial Gin durch das Mix-Medium Tonic. Aber auch hier ist rational und geschmacklich festzustellen, dass der Citrus-Noten-offenbarende Marx-Gin eine geschmacklich ganz hervorragende Basis bietet für Gin Tonic aber auch Gin Fizz und generell Citrus-Noten-ergänzende Mixturen.
Das Erlebnis war für mich und die anwesenden wirklich Augen öffnend und anregend in Bezug auf die qualitativen Unterschiede von Spirituosen. Ein manufakturiell, lokal und biologisch (organic) hergestellter Gin in kleinen Stückzahlen rechtfertigt bei der gebotenen Qualität den Preis für 60€ wenn man Massenware für teils immerhin auch knapp 20€ gegengetestet und nüchtern die deutlich niedrigere Genießbarkeit feststellen muss, allein aufgrund des alkoholischen Beißens/Brennens im Hals. Solch eine Gegenüberstellung regt immer wieder zum Umdenken an in vielen Bereichen des Konsums und passt einfach in den Zeitgeist des wieder aufkommenden bewussten entschleunigten Lebens und Konsums (vgl. Slow-Life), wo Qualität über Quantität gestellt wird und sich eine genügsame und umso mehr wertschätzende Lebens- und damit Konsumhaltung einstellt. Ich würde jedem empfehlen den Marx Gin zu probieren und kann bei dem Argument gegen den höheren Preis von 60€ einfach nur entgegenhalten, dass man eine Spirituose genau wie andere Produkte umso mehr genießen kann, je geringer die Quantität und je höher die Qualität dabei ist. Lieber weniger und seltener Alkohol genießen im Sinne eines Marx-Gins, anstatt in größerer Quantität/Frequenz günstige Spirituosen. Das entkräftet das Preis-Argument und ist einer gesunden Lebens- und Konsumweise dienlicher. Ganz nebensächlich stellt sich mir der lustige Gedanke ein an den Mainstream-Spirituosen-Markt innerhalb unseres ausgeuferten nach Quantität gierenden Kapitalismus, der mir als Konsument brennende Spirituosen mit hohen Gewinnmagen teils über Werbung anbietet, während es als Gegenentwurf Manufakturen mit echter Qualität gibt, wodurch auch das Karl Marx-Marketing-Image auf einer gedanklichen (Meta-)Ebene den Gegenentwurf zum quantitativ hohen, dafür qualitativ niederen Mainstream-Spirituosen-Konsum unterstreichen vermag. (Ohne jetzt Marxismus zu loben oder analysieren zu wollen, geschweige denn genau zu kennen. Einfach das Karl Marx-Marketing als Gegenentwurf ist spannend gewählt, auch wenn es ja auf der Namensverwandtschaft der Manufaktur aufbaut und daher nicht vorrangig inhaltlich gewählt ist. Es geht hier ja auch vorrangig um Gin nicht um Politik. Es sollte nur eine philosophische Idee/Interpretation zum Marx-Gin sein ;))
Ein wichtiger Hinweis noch zur "Verpackung": Die Marx-Banderole am Flaschenhals wurde in der Produktion ÜBER die Plastikschutzfolie gelegt, die versiegelnd den Korken mitumgibt. Durch das Auftrennen der Folie um den Korken zu lösen, wurde beim Abziehen der Folie automatisch die Marx-Banderole angerissen.